Thomas Jung zur Nahmobilität in Hofheim

25.08.2020

Unterwegs durch Hofheim auf zwei Rädern, ein Gespräch mit Thomas Jung, Dezernent für Nahmobilität der Stadt Hofheim und stellvertretender Vorsitzender der FDP Hofheim

Herr Jung, seit Ausbrechen der Corona-Pandemie sind viele Arbeitnehmer im Home Office tätig und treten nicht mehr jeden Morgen den Weg zur Arbeit mit Bus oder Bahn an. Der Öffentliche Personennahverkehr beklagt rückläufige Fahrgastzahlen. Trägt die aktuelle Situation zur einer Stärkung der Nahmobilität bei?

Die Nahmobilität wird auf verschiedene Arten gestärkt: Als oberstes Ziel geht es darum, notwendige und gewünschte Wege möglichst schnell, komfortabel und sicher zurücklegen zu können, möglichst ohne negative Auswirkungen auf andere Menschen und unsere Umwelt.

Allein die derzeitige Minimierung der Verkehrsströme ist eine Chance für die Nahmobilität und stärkt sie. Sicher hat jeder von uns Momente der Freude über weniger Verkehrslärm und sichereres zu Fuß gehen und Radfahren in dieser verkehrsärmeren Zeit erlebt. Die Themen Gesundheit und Umwelt haben in den letzten Monaten eine größere Bedeutung bekommen, was die Angebote des ÖPNV und die vielfältigen Möglichkeiten, die man zu Fuß und mit dem Rad hat, mehr in den Fokus rückt. Auch werden Verkehrsmittel häufiger kombiniert. Das ist eine sehr gute Entwicklung, von welcher jeder profitiert. Der ÖPNV hat darauf reagiert und gute Konzepte zur Wahrung von Hygieneregeln etabliert, Städte haben kurzfristig neue Radwege definiert, und Radhersteller haben Sonderschichten gefahren, um die Nachfrage befriedigen zu können. Auch das öffentliche Leben wird hierdurch gefördert. Das ist die Richtung, in der es weitergehen sollte. Hier ist auch die Regierung gefragt, um dem ÖPNV den Rücken zu stärken und die bestehenden Verbindungsmöglichkeiten und Taktungen nicht zu minimieren.

Die Stadt Hofheim führt derzeit einen Nahmobilitätscheck durch. Worum geht es dabei ?

Der Nahmobilitätscheck hat die Verbesserung der Nahmobilität in Hofheim als Ziel. Dazu wurde eine Bestandaufnahme durchgeführt, Defizite herausgearbeitet, und gerade sind wir dabei, Maßnahmen zu definieren. Der gesamte Prozess erfolgt mit intensiver Beteiligung von Vertretern verschiedener Nutzergruppen der Stadt: Schüler- und Seniorenvertretung, Behindertenbeirat, die Hofheimer Lokale Agenda, RMV, MTV, Polizei, der ADFC, Fachabteilungen der Stadtverwaltung, Ortsvorsteher von Marxheim und Kernstadt und weitere sind eingebunden. Intensive Befragungen dieser Vertreter haben zu verschiedenen Themen stattgefunden und die ausgewerteten Äußerungen zu möglichen Maßnahmen zur Verbesserung der Nahmobilität geführt. Diese werden in einem glücklicherweise unter strenger Wahrung der Hygieneregeln wieder möglichen Workshop im September weiter vertieft und priorisiert. Heraus kommt eine Nahmobilitätsplan, welcher aufgrund seiner Komplexität und Aktualität eine gute Grundlage für konkrete Handlungsempfehlungen an die Politischen Gremien ist und somit der erste Schritt für eine Umsetzung von Verbesserungen. Für den Nahmobilitäscheck hat sich die Stadt Hofheim erfolgreich um die Teilnahme an einem Förderprogramm des Landes Hessen beworben, musste sich dafür aber für eine Betrachtung bestimmter Bereiche Hofheims entscheiden. Die drei Vertiefungsbereiche sind die Kernstadt, Marxheim und der Verlauf der B519 auf Hofheimer Gemarkung. Ziel ist es, die hier gewonnen Erkenntnisse auch auf die anderen Stadtteile zu übertragen.

Einige Ortsteile von Hofheim sind zu Fuß oder mit dem Fahrrad weniger gut zu erreichen. Gibt es hier Pläne, dies zu ändern?

Die Anbindung des Ortsteils Marxheim wird im Nahmobilitätscheck mit behandelt und ist auch ein wichtiges Thema im Zusammenhang mit Marxheim 2. Für die bessere Anbindung Diedenbergens mit dem Rad steht eine Ertüchtigung der Verbindung vom Bürgerhaus Marxheim zum südlichen Teil Diedenbergens auf dem kurzfristigen Umsetzungsprogramm und eine zusätzlich Verweilbank an der Straße zwischen Marxheim und Diedenbergen. Der kombinierte Fuß- und Radweg von Lorsbach nach Eppstein wird laut Hessen Mobil in den nächsten drei Jahren verbessert, das konnten wir durch verstärkte Bemühungen und Termine mit Hessen Mobil bewirken. Beim ebenfalls in der Verantwortlichkeit des Landes Hessen stehenden Radweg von Hofheim nach Lorsbach hatten wir leider weniger Möglichkeiten der Beschleunigung, da das Planungsverfahren komplexer ist. Für die Anbindung von Wallau, Langenhain und Wildsachsen bestehen Fußwege, die Strecken sind allerdings recht weit für Fußgänger im Alltagsverkehr. Maßnahmen für Verbesserungen für den Radverkehr zwischen den Stadtteilen wurden 2018 dem Ausschuss für Planung, Bauen und Umwelt vorgestellt, von diesem priorisiert und werden entsprechend abgearbeitet. Leider ist bei vielen dieser Projekte eine Beteiligung des Landes Hessen nötig, welches übergeordnete Verkehrsziele verfolgen muss und auch Personalkapazitätsprobleme hat.

Am 22. August 2020 ist das Stadtradeln 2020 gestartet. Hier können alle mitmachen, die in der Stadt Hofheim am Taunus wohnen, arbeiten, einem Verein angehören oder eine (Hoch-)Schule besuchen. Treten auch Sie in die Pedale für ein besseres Klima?

Ich bin Kapitän von Team Rathaus und werde mich in diesen drei Wochen noch intensiver bei jeder Fahrt fragen, ob diese mit dem Rad möglich ist. Den Weg von meinem Wohnort Diedenbergen zum Rathaus oder meinem Büro in der oberen Hauptstraße und Kundenbesuche lege ich seit zwei Jahren meist mit dem E-Bike zurück, bin damit genauso schnell wie mit dem PKW und komme sogar noch gut gelaunt an. Privat verbinde ich den Besuch von Freunden gern mit einer Radtour, das werde ich in den drei Wochen sehr gern intensivieren. Jeder Teilnehmer am Stadtradeln setzt ein Zeichen, trägt zur Verbesserung der Nahmobilität bei, zur dringend notwendigen Verkehrswende, unterstützt so die Umwelt und die Lebensbedingungen für Menschen.